Der Angeklagte im Prozess um das Halim-Dener-Graffiti am AJZ Bielefeld ist mit Verweis auf die Kunst- und Meinungsfreiheit freigesprochen worden. Nach Ansicht des Richters führt die Türkei einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurden.
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Vor dem Landgericht Bielefeld hat heute die Verhandlung im Berufungsverfahren wegen des Halim-Dener-Wandbildes am Arbeiterjugendzentrum (AJZ) stattgefunden. Der Vorsitzende des Trägervereins war in erster Instanz zu 30 Tagessätzen à zwanzig Euro verurteilt worden, weil sich das AJZ weigert, das Bild zu entfernen. Vor dem Gericht hatten sich am Morgen zahlreiche Menschen versammelt, um das Verfahren zu begleiten.
Das AJZ war 2018 im Zuge einer Initiative des Bundesinnenministeriums von der Polizei aufgefordert worden, das Graffiti, das den 1994 in Hannover von der Polizei erschossenen kurdischen Jugendlichen Halim Dener zeigt, zu entfernen. Die Hausversammlung des selbstverwalteten Zentrums lehnte die von Polizei und Staatsanwaltschaft geforderte Entfernung des Wandbildes, das seit über 20 Jahren an die Ermordung von Halim Dener erinnert, entschieden ab.
Freispruch wegen Kunst- und Meinungsfreiheit
Der heutige Prozess endete mit einem Freispruch. Der Vereinsvorsitzende bleibt straffrei, das Wandbild an der Fassade des AJZ bleibt erhalten. Der Richter folgte der Argumentation der Verteidigung, die sich auf die Kunst- und Meinungsfreiheit berufen hatte. Der Richter äußerte, diese Güter ständen höher als das Flaggenverbot. In der Urteilsbegründung argumentierte der Richter damit, dass der Vorstand des AJZ nicht genug Handlungsfreiheit besitzt, um Änderungen an dem Verein selbst vorzunehmen, und daher nicht zur Entscheidung in diesem Sachverhalt verpflichtet ist. Außerdem meinte der Richter, dass der Fall zeitgeschichtlich überholt ist und die Auflagen keine Anwendung finden.
„Türkei führt einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurden“
Im Anschluss an die juristische Argumentation äußerte der Richter eine eigene Meinung zur kurdischen Frage. Er sagte, dass die PKK in der Vergangenheit an ihm negativ erscheinenden Handlungen beteiligt war, jedoch die Gegenwart zeige, dass die Türkei einen völkerrechtswidrigen gegen die Kurden führt.
„Halim bleibt uns für immer in Erinnerung“
Prozessbeobachter*innen beurteilten den erfolgreichen Ausgang des Verfahrens als „Gegenschlag zur Kriminalisierung der Kurdinnen und Kurden und der PKK in Deutschland“ und betonten nochmals: „Ein legitimer Kampf muss von jedem Ort der Welt verteidigt werden. Dass wir historische Erfolge gegen Faschismus, Kriminalisierung und Verfolgung erzielen, wenn wir an unser Ziel glauben und dafür grade stehen, hat uns der heutige Tag nochmals gezeigt. Wir grüßen die Familie Dener herzlich. Halim bleibt uns für immer in Erinnerung!“
An der Prozessbeobachtung und der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude beteiligten sich neben AJZ-Aktivist*innen die Studierendenverbände YXK/JXK, die kurdischen Jugendorganisationen TCŞ/JCA, die örtliche Antifa, ALIBI (Antinationalistische Linke Bielefeld), Café Exil und Antifa AG der Universität Bielefeld.