Vor 27 Jahren ist Halim Dener in Hannover von einem Polizisten erschossen worden. Am Tatort findet heute eine Gedenkkundgebung statt, am Samstag eine Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt.
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Am 30. Juni 1994 – vor 27 Jahren – ist Halim Dener im Alter von gerade einmal 16 Jahren in Hannover von einem SEK-Polizisten erschossen worden. Der junge Kurde stammte aus Çewlîg (tr. Bingöl) und war kurz vor seinem Tod aufgrund des Staatsterrors aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet. Für die tödlichen Schüsse in den Rücken ist niemand verurteilt worden.
Am Tatort am Steintor in Hannover findet heute um 19 Uhr aus Anlass des Todestages eine Gedenkkundgebung statt. Am Samstag ist eine Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt angekündigt, mit der die Aufklärung der Morde an Halim Dener und allen anderen Todesopfern gefordert wird. Das „Bündnis in Gedenken an Halim Dener“ teilt dazu mit:
Rassistische Polizeigewalt hat System! Staatlicher Rassismus tötet!
Der Tod von Halim Dener hat viele Facetten: Er steht nicht nur exemplarisch für die ständige Kriminalisierung der Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Er zeigt auch, wie eine sich gegenseitig deckende Polizei und Justiz unbeschadet aus der Verantwortung ziehen kann, wenn Menschen durch ihre Hand ihr Leben lassen. Halim Deners Tod zeigt beispielhaft, dass von Rassismus betroffene Menschen in der BRD einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, ihr Leben durch den Staat und seine rassistischen Institutionen zu verlieren.
Halim Dener ist kein Einzelfall: Seit 1990 sind in der BRD mindestens 183 Schwarze Menschen, People of Colour und andere Personen in Gewahrsam bzw. durch Polizeigewalt gestorben. Diese erschreckende Zahl zeigt, dass der Zusammenhang von Rassismus und staatlicher Gewalt, gegen den Vertreter:innen von Communities of Color seit Jahren ankämpfen, in vielen Fällen im Tod der Betroffenen gipfelt. Schwarze Menschen und People of Color sind alltäglich von institutioneller Gewalt betroffen. Racial Profiling, die Verweigerung gesundheitlicher Versorgung in Abschiebehaft oder körperliche Übergriffe in U-Haft: das ist ein tödliches Risiko.
Die alltäglichen rassistischen Übergriffe deutscher Sicherheitsbehörden und ihre hundertfache tödliche Eskalation in den letzten Jahrzehnten lassen sich mit Blick die deutsche Geschichte als historische Kontinuität begreifen. Sie sind u.a. Ergebnis einer inkonsequenten Entnazifizierung: So waren nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus in sämtlichen Institutionen – vom Verfassungsschutz über die Kriminalämter bis zur Bundeswehr – Nationalsozialist:innen tätig. Heute zeigt sich dies in Praktiken und Theorien dieser Behörden – und letztlich in der Verstrickung in rechte Netzwerke wie den NSU (2.0), Nordkreuz…
Rassistische Gewalt ist ein fester Bestandteil der Institution Polizei, historisch wie gegenwärtig. Die Polizei ist schlichtweg nicht zu unser aller Schutz gemacht. Gleichzeitig wird sie von Seiten der politischen Entscheidungsträger:innen durch immer mehr Befugnisse ermächtigt, die neoliberal verursachten sozialen Probleme und Konflikte auf ihre Weise zu lösen: Durch Gewalt in Form von körperlichen Angriffen, Strafverfolgung, und Haftstrafen. Praktiken wie das Racial Profiling und die Tatsache, dass es Strafbestände und juristische Haftgrundlagen gibt, die lediglich Menschen ohne deutschen Pass betreffen können (etwa „illegale Einreise“ oder „Residenzpflicht“), führen zu einem massiven Ungleichgewicht zulasten der rassistisch markierten Personen in diesem Land.
Wir rufen daher dazu auf, eure Wut über diese Verhältnisse auf die Straße zu tragen! Zu viele Menschen haben aufgrund rassistischer Zuschreibungen staatlicherseits ihr Leben lassen müssen! Zu viele von Rassismus betroffene Menschen sehen sich tagtäglich dem Risiko ausgesetzt, in die tödliche „Obhut“ des Staates zu geraten!
„Den Opfern gedenken und ihre Kämpfe weiterführen“
Gleichzeitig wollen wir den Opfern von Polizeigewalt gedenken und ihre Kämpfe weiterführen. Halim Dener ist als Jugendlicher vor dem türkischen Folterstaat in die BRD geflohen. Seinem Widerstand gegen die türkische Aggression gegenüber Kurdinnen und Kurden hat er hier in Hannover mit Plakaten Ausdruck verliehen. Am Steintor wurde er dabei schließlich ermordet. Was ihm hier zum Verhängnis wurde, ist neben der von Rassismus durchzogenen Polizei letztlich auch eine Außenpolitik, die die Bundesregierung bis heute konsequent verfolgt: Ganz im Sinne des AKP-Regimes geht die BRD rigoros gegen all jene vor, die sich mit der kurdischen Freiheitsbewegung solidarisieren. Anstatt die Bemühungen um eine progressive Gesellschaft, die auf Geschlechterbefreiung, Ökologie und Basisdemokratie aufbaut, zu unterstützen, kriminalisiert die BRD all jene, die das tun und versorgt den türkischen Staat mit Waffen für die Zerstörung dieser gelebten Utopie. Die deutschen Sicherheitsbehörden verwischen dabei die Grenzen von Innen- und Außenpolitik und nutzen jeden Vorwand, um gegen die kurdische Freiheitsbewegung in Deutschland vorzugehen.
Kommt also zur Kundgebung am 30. Juni! Kommt zur Demo am 3. Juli und seid laut! Für all jene, die aufgrund rassistischer Zuschreibungen tagtäglich Polizeigewalt erleben! Für Gerechtigkeit für Halim Dener, Oury Jalloh, Aman Alizada und alle, die durch die tödliche Eskalation institutioneller rassistischer Gewalt ihr Leben lassen mussten! Für die vollständige Aufklärung der Todesumstände von Qosay Khalaf! Schluss mit der militärischen Zusammenarbeit mit dem faschistischen AKP Regime! Schluss mit der Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung! Weg mit dem Verbot der PKK! Halim Dener – Das war Mord!