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Gedenkkundgebung und Demonstration für Halim Dener!

Rassistische Polizeigewalt hat System! Staatlicher Rassismus tötet!
Für die Aufklärung der Morde an Halim Dener und allen Anderen! Gerechtigkeit für Halim Dener und alle Anderen!

Am 30.06.1994 – vor 27 Jahren – ist Halim Dener im Alter von gerade einmal 16 Jahren hier in Hannover von einem SEK Polizisten in Zivil erschossen worden. Der Tod von Halim Dener hat viele Facetten: Er steht nicht nur exemplarisch für die ständige Kriminalisierung der Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Er zeigt auch, wie eine sich gegenseitig deckende Polizei und Justiz unbeschadet aus der Verantwortung ziehen kann, wenn Menschen durch ihre Hand ihr Leben lassen. Halim Deners Tod zeigt beispielhaft, dass von Rassismus betroffene Menschen in der BRD einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, ihr Leben durch den Staat und seine rassistischen Institutionen zu verlieren.

Halim Dener ist kein Einzelfall: Seit 1990 sind in der BRD mindestens 183 Schwarze Menschen, People of Colour und andere Personen in Gewahrsam bzw. durch Polizeigewalt gestorben. Diese erschreckende Zahl zeigt, dass der Zusammenhang von Rassismus und staatlicher Gewalt, gegen den Vertreter*innen von Communities of Color seit Jahren ankämpfen, in vielen Fällen im Tod der Betroffenen gipfelt. Schwarze Menschen und People of Color sind alltäglich von institutioneller Gewalt betroffen. Racial Profiling, die Verweigerung gesundheitlicher Versorgung in Abschiebehaft oder körperliche Übergriffe in U-Haft: das ist ein tödliches Risiko. Die alltäglichen rassistischen Übergriffe deutscher Sicherheitsbehörden und ihre hundertfache tödliche Eskalation in den letzten Jahrzehnten lassen sich mit Blick die deutsche Geschichte als historische Kontinuität begreifen. Sie sind u.a. Ergebnis einer inkonsequenten Entnazifizierung: So waren nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus in sämtlichen Institutionen – vom Verfassungsschutz über die Kriminalämter bis zur Bundeswehr – Nationalsozialist*innen tätig. Heute zeigt sich dies in Praktiken und Theorien dieser Behörden – und letztlich in der Verstrickung in rechte Netzwerke wie den NSU (2.0), Nordkreuz ……

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Rassistische Polizeigewalt bei ÇIRA REPORT

Thema der heutige Ausgabe von ÇIRA REPORT ist der strukturelle Rassismus in deutschen Polizeibehörden. Es berichten Vertreter:innen der Initiativen für Oury Jalloh und Halim Dener.
Link: https://www.youtube.com/watch?v=ukTwz2Yt8GY

In der heutigen Sendung ÇIRA REPORT hat die Moderatorin Ayfer Özdogan Nadine von der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ und Imam von der „Kampagne Halim Dener“ zu Gast.

Das heutige Thema sind rassistische Polizeigewalt und -morde. Die beiden Initiativen beschäftigen sich mit zwei Einzelfällen. In der Sendung wird über das Leben der Opfer gesprochen und der Tathergang und die Hintergründe erläutert. Weitere Punkte werden die Notwendigkeit solcher Initiativen sowie die Erörterung des strukturellen Rassismus in Polizeibehörden sein.

Die Sendung am 29. April beginnt um 20 Uhr.

Halim-Dener-Graffito: OLG Hamm rügt Gesinnungsjustiz

Das AJZ Bielefeld hat eine Stellungnahme zum Urteil auf die Revision gegen einen Freispruch im Fall des Halim-Dener-Graffito veröffentlicht. Das OLG äußert sich ungewöhnlich scharf zu dem Ansatz von Gesinnungsjustiz bei den örtlichen Verfolgungsbehörden.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-23137

Vergangene Woche hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden, dass die Weigerung, ein Wandbild von Halim Dener von der Hauswand des autonomen Arbeiterjugendzentrums (AJZ) Bielefeld zu entfernen, strafrechtlich nicht zu verfolgen ist. In seinem Urteil auf die Revision gegen einen Freispruch der Staatsanwaltschaft Bielefeld stellt das OLG in erstaunlich deutlicher Art und Weise klar, dass eine strafrechtliche Verfolgung des Vereinsvorsitzenden auch nicht mit der von der Staatsanwaltschaft angenommenen (linken) Gesinnung des Vereins, des Vorstandes oder seiner Mitglieder begründet werden kann. An mehreren Stellen des Urteils äußert sich das OLG Hamm äußerst scharf zu den rechtlichen Ausführungen der Staatsanwaltschaft Bielefeld und der Generalstaatsanwaltschaft beim OLG Hamm und dem darin verfolgten Ansatz von Gesinnungsjustiz. Nachfolgend veröffentlichen wir eine Stellungnahme des AJZ Bielefeld:

Was zuvor geschah

Am 30. Juni 1994 wurde der 16-jährige Kurde Halim Dener in Hannover beim Plakatieren von der Polizei in den Rücken geschossen. Der tödliche Schuss traf ihn, während er Plakate mit dem Symbol der ERNK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans) aufhängte. Schockiert und wütend über diesen Mord malte ein junger Sprayer ein Gedenk-Graffito auf den Rollladen des Infoladen Anschlag im Gebäude des AJZ an der Heeper Straße 132 in Bielefeld.

23 Jahre später, im Februar 2018, forderte die Polizei Bielefeld, aufgrund eines anonymen Hinweises, den Vereinsvorsitzenden des AJZ-Vereins auf, das Graffito zu beseitigen, weil es das Symbol einer verbotenen kurdischen Organisation zeigen würde. Die Hausversammlung des AJZ lehnte dies ab und veröffentlichte eine <a href="https://ajz-bielefeld.de/" erklärung dazu. Daraufhin wurde das nunmehr beendete Strafverfahren in Gang gesetzt. Vor dem Amtsgericht Bielefeld wurde der angeklagte Vereinsvorsitzende wegen des Verwendens (in Form des Nichtentfernens) eines Kennzeichens eines verbotenen Vereins am 23. September 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt. Vom Landgericht Bielefeld wurde der Vorsitzende am 17. Juni 2020 wiederum freigesprochen, mit der Begründung, dass diesen keine strafbewehrte Garantenpflicht zur Beseitigung der Abbildung treffen würde. Das Nichtentfernen sei daher nicht strafbar. Der Freispruch wurde – auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch hin – jetzt nach einer mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm am 23. November 2020 bestätigt.

<a href="https://ajz-bielefeld.de/" erklärungUnzulässige Gesinnungsstrafbarkeit – Freispruch!

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte in ihrer Revisionsbegründung (der sich die Generalstaatsanwaltschaft angeschlossen hatte) darauf abgestellt, dass die politische Entscheidung des AJZ, „die Öffentlichkeitswirkung des verfahrensgegenständlichen Graffiti zur Demonstration der eigenen Kritik an den in der Türkei herrschenden politischen Verhältnissen zu instrumentalisieren,“ besonders zu berücksichtigen sei. Deshalb sei der AJZ-Verein, im Gegensatz zu anderen „normalen“ Gebäudeeigentümern, die unstreitig nicht verantwortlich für die Entfernung eines Graffitos seien, von diesen zu unterscheiden. Die Generalstaatsanwaltschaft steigerte diese Argumentation noch und führte zu der Entscheidung des Landgerichts Bielefeld weiter Folgendes aus: „Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der von dem Angeklagten geleitete Verein zu keinem Zeitpunkt bereit war und nach wie vor nicht ist, das verfahrensgegenständliche Bild von seinem Haus zu entfernen. Es war ersichtlich in hohem Maße naheliegend, dass der Grund für diese Weigerung in der eigenen politischen Ausrichtung des Arbeiterjugendzentrums begründet ist.“ Die Generalstaatsanwaltschaft fand, dass das Landgericht bei seinem Freispruch den Aspekt der politischen Ausrichtung des AJZ verkannt habe.

Diese Ausführungen hält das OLG Hamm laut der Urteilsbegründung nicht nur für „rechtlich unzutreffend, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für verfassungswidrig“.

Und weiter: „Die hierzu gemachten Ausführungen der Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwaltschaft lassen indes befürchten, dass hier in höchst bedenklicher Weise eine ‚Gesinnungsstrafbarkeit‘ erstrebt wird, die seit Geltung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig ist.“

Und auch wenn es für die Entscheidung des OLG Hamm darauf rechtlich gar nicht ankam, machte dieses trotzdem auch Ausführungen zu der grundlegenden Bewertung des Graffito. Denn das OLG Hamm führt aus, dass einiges dafür spricht, „dass die streitgegenständliche Abbildung unter die Sozialadäquanzklausel der §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 9 Abs. 1 Satz 2 VereinsG fällt.“

Das bedeutet, dass hinsichtlich der Verwendung von sogenannten verbotenen Symbolen immer auch der Kontext, in dem dies geschieht, zu beachten ist und auch die Verwendung von eigentlich verbotenen Symbolen „sozialadäquat“ sein kann. Das OLG Hamm ist der Ansicht, dass es sich in dem Fall unseres Bildes mindestens ähnlich verhält. Denn der Fokus des Graffito sei „ohne Zweifel zumindest in erster Linie darauf gerichtet“ gewesen, auf die Tötung von Halim Dener hinzuweisen.

In der mündlichen Urteilsbegründung des OLG Hamm wurde von dem Vorsitzenden Richter darüber hinaus angemerkt, dass seitens des Senats bezweifelt wird, dass ein ordnungsrechtliches Verfahren hinsichtlich der Beseitigung des Bildes Erfolg haben würde.

<a href="https://ajz-bielefeld.de/" erklärungDass sich Polizei und Staatsanwaltschaft in Bielefeld in den Kriminalisierungsversuch verbissen haben, wurde auch daran deutlich, dass gegen den Anmelder einer Solidaritätskundgebung, die anlässlich des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Bielefeld stattfand, ein Strafbefehl erlassen wurde, weil er sich geweigert hatte, ein Transparent zu entfernen, das ein Abbild des kriminalisierten Graffito zeigte. Ein Einspruch gegen den Strafbefehl wurde bereits eingelegt. Es bleibt zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft nicht vor hat, auch deswegen in mehrere Runden zu gehen.

Leider zeigt uns aber auch die Reaktion einer der Lokalzeitungen, dass unser Graffito und die Erinnerung an Halim Dener einigen – nachdem sie erst 2018 auf das nun seit 26 Jahren unübersehbare Bild aufmerksam wurden – weiterhin ein Dorn im Auge bleiben wird. So schreibt die Neue Westfälische, die anscheinend zu einer anderen juristischen Bewertung der Sozialadäquanz des Bildes kommt als das OLG Hamm, in ihrem Bericht vom 27. November 2020, dass das Symbol verboten sei und eigentlich entfernt werden müsste. Die anschließende Frage des Autors, „mit welchen Mitteln“ dies durchsetzbar sei, wirkt wie ein Aufruf, weiterhin gegen das Bild vorzugehen. Welche Mittel ihm dafür recht sind, lässt sich nur erahnen.

Für uns bleibt es dabei: Hände weg von unserem Graffito!

Das Halim-Dener-Graffito an unserem Haus ist uns wichtig. Es erinnert nicht nur an den Mord im Jahr 1994 und hat daher auch historischen Wert und eine Bedeutung als Gedenkzeichen. Es erinnert auch an den Sprayer, der das Bild damals gemacht hat und der nicht mehr lebt. Darüber hinaus ist das Graffito mittlerweile auch Symbol für die Kriminalisierung von Seiten des deutschen Staates und die Versuche, jedes Zeichen des kurdischen Widerstandes aus der öffentlichen Wahrnehmung zu beseitigen. Und für die Gegenwehr dagegen!

Auch wenn wir denken, dass die Feststellung des OLG Hamm zu dem Punkt der „Gesinnungsstrafbarkeit“ eher einem Ideal als der Realität entspricht – denn sicherlich gab es seit Geltung des Grundgesetzes einige Urteile, bei denen die „linke“ Gesinnung maßgeblicher Teil der Bewertung waren (und in diesen Zusammenhang möchten wir nur an die Berufsverbote erinnern) –, freuen wir uns natürlich sehr über das Ergebnis und über die uns während der Auseinandersetzung entgegengebrachte Solidarität von so vielen Seiten.

AJZ Bielefeld hat gewonnen: Halim Dener bleibt!

Nach fast drei Jahren hat das OLG Hamm entschieden, dass die Weigerung, ein Wandbild von Halim Dener von der Hauswand des AJZ Bielefeld zu entfernen, strafrechtlich nicht zu verfolgen ist. Das AJZ fordert die Aufhebung des PKK-Verbots.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-22977

Am Montag wurde der Freispruch des Vorsitzenden des Trägervereins des AJZ Bielefeld vom Oberlandesgericht Hamm bestätigt. Die Weigerung, das Halim-Dener-Graffito von der Hauswand des Arbeiterjugendzentrums in Bielefeld zu beseitigen, ist strafrechtlich nicht zu verfolgen.

Das seit fast drei Jahren andauernde Verfahren zu dem Wandbild, das mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert existiert, geht auf eine Initiative des Bundesinnenministeriums zur verschärften Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung zurück. Um die türkische Staatsführung zufriedenzustellen, wurde bundesweit versucht, alle Symbole der Bewegung aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Das AJZ weigerte sich, dieses Spiel mitzuspielen.

Zu dem Freispruch teilt die Hausgemeinschaft des AJZ mit:

„Nachdem wir im Februar 2018 von der Polizei aufgefordert wurden, das Bild wegen der angeblichen Darstellung verbotener Symbole von der Fassade unseres Zentrums zu entfernen, wurde stellvertretend für uns der Vorsitzende des Vereins in einem ersten Verfahren vor dem Amtsgericht Bielefeld im September 2019 wegen der Unterlassung der Entfernung des Bildes zu einer Geldstrafe verurteilt. Hiergegen legten wir Berufung ein. In dem folgenden Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld am 17. Juni 2020 wurde das Urteil aufgehoben und der Vorsitzende freigesprochen. Da es die Staatsanwaltschaft Bielefeld aber weiterhin auf eine Verurteilung abgesehen hatte, wurde von dieser Revision eingelegt und es kam nun zu einer mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm. Dort wurde der Freispruch bestätigt!

Wie dieser Freispruch inhaltlich begründet wird, können wir euch leider noch nicht im Detail mitteilen. Prozessbeobachter*innen berichteten, dass der Vorsitzende Richter von einer Gesinnungsjustiz sprach, die er für seit langem überwunden gehalten hat. Wir warten die Urteilsbegründung ab und werden dann noch einmal Genaueres bekannt geben.“

Weg mit dem Verbot der PKK

„Wir freuen uns sehr über den Freispruch und über die Solidarität, die wir im Laufe der Auseinandersetzung um den Erhalt des Bildes zum Gedenken an Halim Dener erfahren haben.
Es ist schon Ironie, dass der Prozess gerade in der Woche stattfand, in der sich auch das Verbot der PKK zum 27. Mal jährt. Denn Halim Dener wurde 1994 in Hannover von der Polizei erschossen, als er Plakate mit dem Symbol der ERNK, die im Zuge des PKK-Verbotes ebenfalls verboten wurde, aufhängte. Der nunmehr gescheiterte Versuch der Bielefelder Polizei und Staatsanwaltschaft, das Bild an unserer Hauswand zu kriminalisieren, zeigt einmal mehr, dass der Wille zur Kriminalisierung des kurdischen Widerstandes auch nach all den Jahren ungebrochen ist.“

Die Erklärung der Hausgemeinschaft des AJZ endet mit der Forderung: „Weg mit dem Verbot der PKK! Keine Kriminalisierung des kurdischen Widerstandes!“

Tod durch Polizeigewalt: Der Fall Halim Dener und andere

In Berlin hat eine Veranstaltung zum Fall Halim Dener und den ungeklärten Todesfällen in deutschem Polizeigewahrsam stattgefunden.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-21528

Am Freitagabend diskutierten Vertreter*innen der „Kampagne Halim Dener“ und von „Death in Custody“ auf einer Veranstaltung im SO36 in Berlin-Kreuzberg über Polizeigewalt und unaufgeklärte Todesfälle in deutschen Gefängnissen. Eingeladen hatten NAV-Berlin und der Frauenrat Dest-Dan.

Geduldige, entschlossene und kontinuierliche Recherchen zeigen Verbindungen zwischen den Todesfällen durch staatlich legitimierte Polizeigewalt auf. Stigmatisierende, oft rassistische Narrative und die Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen bereiten den Boden auch für staatliche Gewalt und deren Vertuschung durch die Behörden. Die Vertreter der „Kampagne Halim Dener“ erzählten die Geschichte des 16-jährigen jungen Kurden, der 1994 in Hannover von einem Polizisten beim Plakatieren erschossen worden ist. Es ist eine Geschichte von Flucht, Widerstand und Tod durch eine deutsche Polizeikugel. Bis heute wurde niemand dafür zur Verantwortung gezogen. Dokumentiert sind die politischen Hintergründe, die persönliche Geschichte und das Netzwerk aus Vertuschung und Wegschauen in dem vor kurzem erschienenen Buch „Halim Dener – Gefoltert. Geflüchtet.Verboten. Erschossen“.

Die Vertreterin von „Death in Custody“ schilderte das Bemühen der Kampagne um die Aufklärung von 180 unaufgeklärten Todesfällen in deutschen Gefängnissen in den letzten Jahren. Die Forderung nach einer unabhängigen Ermittlungsstelle mit Handlungskompetenz auch gegen die Polizei und nach strukturellen Lösungen kann ein Mittel gegen verschleppte Aufklärung, sich gegenseitig deckende Polizei und Justiz sein. Auf der Veranstaltung wurde darüber diskutiert, was zu diesem Thema getan werden kann. „Aufmerksam recherchieren und dokumentieren, laut sein, sich organisieren, in Netzwerken zusammenarbeiten, öffentlichen Druck aufbauen“, lautete das Fazit. Thematisiert wurde auch die Notwendigkeit einer Erinnerungskultur für die Opfer von Polizeigewalt.

Veranstaltung in Berlin: Tod durch Polizeigewalt?

In Berlin findet im September eine Veranstaltung zum Thema Polizeigewalt statt. Speziell geht es dabei um ungeklärte Todesfälle in deutschem Polizeigewahrsam und um den erschossenen Jugendlichen Halim Dener.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-21198

Spätestens seit der Ermordung von George Floyd in Minneapolis ist Polizeigewalt in aller Munde. Durch die mediale Aufmerksamkeit ist die Gesellschaft in Deutschland in den vergangenen Wochen Zeuge dessen geworden, dass der Einsatz von unverhältnismäßiger Gewalt auch in Deutschland keine Seltenheit ist. Die Bilder aus Hamburg, Frankfurt, Ingelheim und Düsseldorf entstanden nur binnen weniger Tagen. Immer wieder sind gerade Menschen aus migrantischen Communities Opfer dieser Gewaltszenen. Und so wundert es wenig, dass aufgrund von Polizeigewalt, Racial Profiling und nicht zuletzt auch den NSU 2.0 Drohmails die Diskussionen über einen strukturellen Rassismus in den deutschen Polizeibehörden Eingang in die Mainstream-Medien gefunden haben.

NAV-Berlin, der Frauenrat Dest-Dan, die Studierendenverbände YXK/JXK und die Kampagne „Death in Custody – Aufklärung von Tod in Gewahrsam jetzt!“ wollen sich mit einer Veranstaltung im September zwei Aspekten des Themas Polizeigewalt widmen, denen hingegen weniger Aufmerksamkeit in den Medien zukommt: Den mindestens 159 ungeklärten Todesfällen in deutschem Polizeigewahrsam, die sich zwischen 1990 und 2020 ereigneten, und dem Fall Halim Dener, der 1994 als 16-Jähriger aufgrund von Kolonisation und Verfolgung gegen die kurdische Bevölkerung aus Nordkurdistan nach Deutschland flüchten musste und im selben Jahr durch die Kugel eines SEK-Beamten in Hannover getötet wurde.

Sprechen werden bei der Veranstaltung Aktivist*innen der Kampagne „Death in Custody“, die unter anderem Recherche- und Vernetzungsarbeit zum Tod in deutschem Polizeigewahrsam betreibt, sowie Mitglieder der Kampagne „Halim Dener. Gefoltert. Geflüchtet. Verboten. Erschossen“, die sich seit Jahren für einen würdevollen Gedenkort für Halim Dener einsetzt und aktuell mit einem neuveröffentlichten Buch die Geschehnisse und die politische Arbeit seit der Ermordung des jungen Kurden dokumentiert.

Die Veranstaltung findet statt am 11. September um 19 Uhr im SO36 (Oranienstraße 190, Berlin-Kreuzberg, 10999).

Broschüre über Halim Dener in Hannover vorgestellt

In Hannover ist die neu erschienene Broschüre über den 1994 von einem deutschen Polizisten erschossenen Kurden Halim Dener vorgestellt worden.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-20590

Video: https://1649452211.rsc.cdn77.org/vod/25.07.2020_%C2%A0hannover-halim-dener-kitap-tanitimi_1.mp4

In Hannover ist die Broschüre „Halim Dener: Gefoltert. Geflohen. Verboten. Erschossen“ vorgestellt worden. Die von Hanna Legatis moderierte Veranstaltung fand unter freiem Himmel auf dem Halim-Dener-Platz in Linden statt.

Halim Dener war ein 16-jähriger Kurde, der 1994 aufgrund des Krieges in Nordkurdistan aus der Türkei nach Deutschland fliehen musste. An seinem vermeintlichen Zufluchtsort wurde er noch im selben Jahr von einem SEK-Beamten erschossen, als er am Steintor in Hannover ein ERNK-Plakat aufhängte. Nach seinem Tod wurde eine Kampagne ins Leben gerufen, die jahrzehntelang für eine strafrechtliche Verurteilung des Täters kämpfte und das Gedenken an den jungen Kurden lebendig hielt.

Im Rahmen dieser Kampagne ist jetzt eine umfassende Broschüre entstanden, die in Hannover vorgestellt wurde. An der Veranstaltung beteiligt waren unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des kurdischen Gesellschaftszentrums DKTM, der interventionistischen Linken (iL) und der Roten Hilfe. Es wurden Ausschnitte der Broschüre vorgelesen, die Einblicke in die Lebensgeschichte eines geflüchteten Jugendlichen geben, der Ungerechtigkeit nie akzeptiert hat und bereits damals die Waffengeschäfte zwischen der deutschen Bundesregierung und dem türkischen Staat kritisierte.

In Hannover ist die Broschüre unter anderem im Buchladen Annabee und im Infoladen Kornstraße erhältlich. Bestellt werden kann sie über den Literaturvertrieb der Roten Hilfe (literaturvertrieb@rote-hilfe.de).

Einladung zur Buchvorstellung „HALIM DENER – GEFOLTERT. GEFLÜCHTET. VERBOTEN. ERSCHOSSEN.“

Das Buch handelt von einem 16-jährigen Jugendlichen, der 1994 aufgrund von Kolonisation und Verfolgung gegen die kurdische Bevölkerung aus Nord-Kurdistan nach Deutschland fliehen musste. Er floh an einen Ort, an dem er noch im selben Jahr durch eine Kugel eines SEK-Beamten getötet wurde. Das Buch dokumentiert die Geschehnisse und politischen Aktivitäten seit jener Zeit. Damit wird zum einen ein würdevolles Gedenken an Halim geschaffen und zum anderen ein Beitrag zur Bedeutung von Erinnerungskultur, Protest und Widerstand geleistet. Die Beiträge widmen sich sowohl dem Tod Halim Deners 1994 und den darauffolgenden Reaktionen, als auch einer Reflexion der politischen Arbeit der „Kampagne Halim Dener“.

Als „Kampagne Halim Dener“ laden wir zur öffentlichen Buchvorstellung am Freitag, 24.Juli 2020 um 16 Uhr auf den Halim-Dener-Platz (30451 Hannover) ein. Durch die Veranstaltung führt Hanna Legatis.

Das Buch ist anschließend in Hannover im Annabee-Buchladen, Infoladen Kornstraße, NAV-DEM Hannover sowie bundesweit in weiteren kurdischen und linken Buch-/ und Infoläden für 10 € zu erhalten. Zudem kann das Buch über den Literaturvertrieb der Roten Hilfe bezogen werden (literaturvertrieb@rote-hilfe.de).

In Gedenken an alle Menschen, die Schutz vor Krieg und Gewalt gesucht haben und Opfer von Fremdenhass und staatlicher Gewalt geworden sind.

 

Gedenkkundgebung für Halim Dener

Am 30.06.1994 starb der sechzehnjährige Halim Dener durch einen Schuss
aus der Waffe eines deutschen Polizisten. Halim floh als unbegleiteter
Minderjähriger aus seiner kurdischen Heimat vor Folter, Krieg und
Zerstörung, mit denen der türkische Staat den kurdischen Freiheitskampf
unterdrückte. Doch auch in Deutschland war und ist die kurdische
Bewegung mit Repression konfrontiert. Gegen Kurd*innen wurde Anfang der
1990er Jahre in der politischen und medialen Öffentlichkeit aggressiv
Stimmung gemacht. Die Hetze machte sich auch in der Strategie der
deutschen Polizei bemerkbar: Kurd*innen und alle, die dafür gehalten
wurden, galten als gefährlich und wurden mit gezogener Waffe
kontrolliert. Diese rassistische Polizeipraxis wurde Halim zum
Verhängnis – nachdem er beim Plakatieren für eine kurdische Organisation
von zwei Polizisten gestellt wurde floh er, während dieser Flucht traf
ihn der Schuss aus der Waffe eines der Beamten. Wie es passieren konnte,
dass sich der Schuss aus der Waffe eines erfahrenen SEK-Beamten „aus
Versehen“ löste und den sechzehnjährigen Jungen tödlich traf, konnte nie
befriedigend geklärt werden. Der Polizist wurde im Strafprozess
freigesprochen, wie in so vielen Fällen rassistischer Polizeigewalt in
Deutschland.

Am 30.06.2020, dem 26. Todestag von Halim Dener, wollen wir am damaligen
Tatort am Steintorplatz gemeinsam an ihn gedenken, und an seinen Kampf
und sein Opfer erinnern. Dies wollen wir so gestalten, dass es für alle
sicher ist. Wir halten einen Abstand von zwei Metern und tragen
Mund-Nasen-Schutz. Die Kundgebung beginnt um 19 Uhr. Bringt Blumen,
Kerzen, Bilder u.ä. mit, um an Halim zu erinnern.

Kampagne Halim Dener

Freispruch für Halim-Dener-Graffiti in Bielefeld

Der Angeklagte im Prozess um das Halim-Dener-Graffiti am AJZ Bielefeld ist mit Verweis auf die Kunst- und Meinungsfreiheit freigesprochen worden. Nach Ansicht des Richters führt die Türkei einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurden.
Link: https://anfdeutsch.com/aktuelles/-19848

Vor dem Landgericht Bielefeld hat heute die Verhandlung im Berufungsverfahren wegen des Halim-Dener-Wandbildes am Arbeiterjugendzentrum (AJZ) stattgefunden. Der Vorsitzende des Trägervereins war in erster Instanz zu 30 Tagessätzen à zwanzig Euro verurteilt worden, weil sich das AJZ weigert, das Bild zu entfernen. Vor dem Gericht hatten sich am Morgen zahlreiche Menschen versammelt, um das Verfahren zu begleiten.

Das AJZ war 2018 im Zuge einer Initiative des Bundesinnenministeriums von der Polizei aufgefordert worden, das Graffiti, das den 1994 in Hannover von der Polizei erschossenen kurdischen Jugendlichen Halim Dener zeigt, zu entfernen. Die Hausversammlung des selbstverwalteten Zentrums lehnte die von Polizei und Staatsanwaltschaft geforderte Entfernung des Wandbildes, das seit über 20 Jahren an die Ermordung von Halim Dener erinnert, entschieden ab.

Freispruch wegen Kunst- und Meinungsfreiheit

Der heutige Prozess endete mit einem Freispruch. Der Vereinsvorsitzende bleibt straffrei, das Wandbild an der Fassade des AJZ bleibt erhalten. Der Richter folgte der Argumentation der Verteidigung, die sich auf die Kunst- und Meinungsfreiheit berufen hatte. Der Richter äußerte, diese Güter ständen höher als das Flaggenverbot. In der Urteilsbegründung argumentierte der Richter damit, dass der Vorstand des AJZ nicht genug Handlungsfreiheit besitzt, um Änderungen an dem Verein selbst vorzunehmen, und daher nicht zur Entscheidung in diesem Sachverhalt verpflichtet ist. Außerdem meinte der Richter, dass der Fall zeitgeschichtlich überholt ist und die Auflagen keine Anwendung finden.

„Türkei führt einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurden“

Im Anschluss an die juristische Argumentation äußerte der Richter eine eigene Meinung zur kurdischen Frage. Er sagte, dass die PKK in der Vergangenheit an ihm negativ erscheinenden Handlungen beteiligt war, jedoch die Gegenwart zeige, dass die Türkei einen völkerrechtswidrigen gegen die Kurden führt.

„Halim bleibt uns für immer in Erinnerung“

Prozessbeobachter*innen beurteilten den erfolgreichen Ausgang des Verfahrens als „Gegenschlag zur Kriminalisierung der Kurdinnen und Kurden und der PKK in Deutschland“ und betonten nochmals: „Ein legitimer Kampf muss von jedem Ort der Welt verteidigt werden. Dass wir historische Erfolge gegen Faschismus, Kriminalisierung und Verfolgung erzielen, wenn wir an unser Ziel glauben und dafür grade stehen, hat uns der heutige Tag nochmals gezeigt. Wir grüßen die Familie Dener herzlich. Halim bleibt uns für immer in Erinnerung!“

An der Prozessbeobachtung und der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude beteiligten sich neben AJZ-Aktivist*innen die Studierendenverbände YXK/JXK, die kurdischen Jugendorganisationen TCŞ/JCA, die örtliche Antifa, ALIBI (Antinationalistische Linke Bielefeld), Café Exil und Antifa AG der Universität Bielefeld.